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Stellungnahme als Ortsbürgermeister von Ahe im Rahmen der Online-Konsultation Kiesgrubenantrag Widdendorf II

02. November 2025

Bis zum 28. Oktober 2025 bestand die Möglichkeit, die Stellungnahmen des Antragstellers zu den jeweiligen Eingaben nachzulesen. Bis zum 7. November 2025 besteht die Möglichkeit, hierzu wiederum Stellung zu beziehen. Dies wurde im Rahmen einer sogenannten ‚Online-Konsultation‘ umgesetzt. Nachstehend können Sie die Stellungnahme lesen, die ich als Ortsbürgermeister von Ahe mit Datum vom 31. Oktober 2025 abgegeben und dem Landrat des Rhein-Erft-Kreises zugeleitet habe:

Antrag auf Erteilung einer Abgrabungsgenehmigung zur Gewinnung von Kies, Sand und Lehm in Bergheim, Gemarkung: Quadrath-Ichendorf, Flur: 22, Flurstücke: 225, 101, 219 tlw. und 271-274 tlw; Antragsteller: ML Mineral-Logistics GmbH & Co. OHG
Ihr Schreiben vom 25. September 2025
Aktenzeichen 70-0-22/159

Sehr geehrter Herr Rock,

Sie teilten mir mit, dass Sie mir im Rahmen einer Online-Konsultation die Möglichkeit geben, die Stellungnahmen des Antragstellers zu meinen Argumenten nachzulesen und bis zum 7. November 2025 zu kommentieren. Dem komme ich gern nach.

• Der Antragsteller geht weiterhin davon aus, dass die 146. FNP-Änderung der Stadt Bergheim, womit die Einrichtung von Abgrabungskonzentrationszonen auf dem Stadtgebiet Bergheim beschlossen worden ist, rechtlich „unwirksam“ sei. Er spricht u. a. von einer Verhinderungsaktion. Fakt ist, dass die Stadt Bergheim – wie jede andere Kommune in Deutschland auch – aufgrund von Art. 28 Grundgesetz ein Grundrecht auf kommunale Selbstverwaltung hat. Nur die Stadt bzw. die nach geltendem Recht gewählten Repräsentant*innen können verbindlich entscheiden, was auf ihrem Stadt-gebiet passieren soll bzw. nicht passieren soll. Fakt ist zudem, dass diese 146. FNP-Änderung nicht erst gestern auf den Weg gebracht worden ist, sondern allein schon aufgrund rechtlicher Vorgaben viele Schritte und Verfahren durchlaufen muss, bevor sie rechtswirksam sein kann. Fakt ist damit, dass schon vor dem Antrag des Antragsstellers auf einen Vorhabenbescheid diese Diskussion im Rat und in seinen Ausschüssen stattfand. Von einer Verhinderungsaktion kann also nicht gesprochen werden, eher von einer zielorientierten nachhaltigen Gestaltungsaktion. Fakt ist auch, dass die Bezirksregierung die Rechtmäßigkeit zwischenzeitlich bestätigt hat.
• Der Antragsteller geht davon aus, dass der Vorhabenbescheid eine Art „Blankoscheck“ für das in Rede stehenden Vorhaben darstellt. Die Bedeutung einer Umweltprüfung und die Überprüfung der Übereinstimmung mit dem gültigen Flächennutzungsplan werden schlichtweg banalisiert. Aber warum stellt eine Behörde ein Vorhaben unter Vorbehalt, wenn dem keine Bedeutung zukäme? Hier wird die Aussagekraft einer Behörde banalisiert und grundsätzlich in Frage gestellt. Die Strategie, die Expertise anderer herabzuwürdigen in der Hoffnung, die eigene Expertise als allein gültig hinzustellen, halte ich für wenig sachgerecht.
• Die unverantwortliche Banalisierung der vorgetragenen Argumente belegen auch die Ausführungen zum Starkregen. Wer die Medienberichterstattung zu den Starkregen- und Hochwasserereignissen der letzten Jahre verfolgt (oder recherchiert), wird erkennen, dass alle – Journalist*innen, Expert*innen und Bürger*innen – stets betonen, dass es Vergleichbares noch nicht gegeben habe. Der Antragsteller verweist darauf, dass auftretende Starkregenereignisse und längere Trockenperioden „an vorhandene Erkenntnisse“ anknüpfen würden. Das habe es halt immer schon mal gegeben. Das ist falsch und negiert die unübersehbaren dramatischen Folgen des Klimawandels, auf die auch das Land NRW mit völlig neuen Klimafolgenanpassungsstrategien glaubt, antworten zu müssen. Sicher, man kann dem Antragsteller und seinen Rechtsexpert*innen nicht vorwerfen, vor Ort nicht zu wohnen und die Folgen unmittelbar erleben zu müssen, aber es wirkt schon skrupellos, die neueren Erkenntnisse der Folgen des Klimawandels zu ignorieren und sie den Menschen, die vor Ort leben, zu überlassen. Es kann auch sein, dass der Antragsteller den Unterschied zwischen Wetter und Klima weder kennt noch beurteilen kann.
• Es bleibt richtig, abzuwägen, ob zum Beispiel beschleunigte klimatische Veränderungen Auswirkungen haben, die bestehende gesetzliche Bestimmungen (wie die TA Luft), die zu anderen Zeiten unter anderen Rahmenbedingungen und mit einem anderen Wissen verabschiedet wurden, noch als entscheidungsfähige Grundlagen werten können. In einem Rechtsstaat brauchen Verfahren leider zu lange Zeiträume, um den sich beschleunigten Veränderungen anzupassen. Hier gäbe es aber genügend wissenschaftlich fundierte Erkenntnisse, die zudem auch in Broschüren der Landesregierung NRW ihren Niederschlag finden, so zum Beispiel zu den notwendigen Klimafolgenanpassungsstrategien.
• Ähnliches gilt für die TA Lärm. Viele Bürger*innen befürchten erhebliche Lärmbelästigungen. Der Antragsteller negiert sie. Fakt ist, das Lärm – nicht nur aus Sicht des Umweltbundesamtes – als erheblicher krankmachender Faktor gilt, sondern dass das Erleben von Lärm höchst subjektiv ist. Wenn die Wohnbebauung zum geplanten Vor-haben nur wenige Meter entfernt ist, dürfte für die Anwohnenden Lärm ein subjektiv gewichtiger Faktor sein, zumal wenn er ein ständiger Begleiter im Alltag wäre. Sollte dieser Faktor nicht gewürdigt werden, sehe ich erhebliche Klagemöglichkeiten seitens betroffener Bürger*innen.
• Dieses Vorhaben hat sehr viele Menschen motiviert, Eingaben einzureichen bzw. sich bestimmten Eingaben anzuschließen. Mein Eindruck ist, dass es deutlich mehr Stellungnahmen sind als bei vergleichbaren Vorhaben. Die Auffassung des Antragstellers, dass politische Mandatsträger*innen „unrealistische Hoffnungen“ geweckt hätten, widerspricht nicht nur dem grundgesetzlich verbrieften Recht der freien Meinungsäußerung, sondern unterstellt auch, dass Bürger*innen hier blind einem politischen Entscheidungsträger folgen. Da das Vertrauen in (partei-)politisches Handeln und Wirken von Politik in Deutschland nachweislich zwischenzeitlich auf einem sehr niedrigen Niveau ist, taugt diese Argumentation nicht. Hinzukommt, dass die Regionalplanung im Herbst 2020 eine Absicht formulierte, an dieser Stelle die Abgrabung von Kies und Sanden in noch größerem Umfang erlauben zu wollen. Dagegen haben sich mehr als 100 Bürger*innen aus Ahe, Heppendorf und Thorr ausgesprochen. Sie haben somit ihren politischen Willen artikuliert, bevor der Antragsteller seinen Antrag stellte. (Dem ist der Regionalrat zwischenzeitlich auch gefolgt.) Der indirekte Hinweis, dass Bürger*innen auf ein unrealistisches Gleis gesetzt worden seien, ist also weder richtig noch haltbar. Der Zug rollte längst.

Aus den hier genannten Gründen halte ich es zwingend für erforderlich, diesem Antrag nicht stattzugeben. Als Ortsbürgermeister von Ahe fühle ich mich verantwortlich, die Interessen von fast 4.000 Bürger*innen des Bergheimer Stadtteils Ahe wahrzunehmen und wahrnehmbar vorzutragen. Dem komme ich hiermit nach.

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