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Öffentliche Toilette in Bergheim

29. Dezember 2020

Am 13. Dezember 2020 schrieb ich in meiner Funktion als Stadtrat der Stadt Bergheim folgenden Brief an den Bürgermeister der Stadt:

„Gestern erhielt ich einen Anruf, der mich sehr beschämte.

Ein 90jähriger Mann rief mich an und schilderte mir seine Not in der Bergheimer Fußgängerzone. Er gehöre zu den Menschen, die nahezu jede Stunde eine Toilette aufsuchen müsse, um Wasser zu lassen. Nun sei er in dieser Woche wieder in Bergheim gewesen, um Erledigungen zu treffen, und musste. Bisher sei er in der Regel in ein Café gegangen, doch es hätten ja alle zu. So habe er eine Bäckerei aufgesucht, wo er um das Vorhandensein einer Toilette wusste. Doch die Damen und Herren, die dort ihren Dienst taten, wollten ihn nicht seine Notdurft verrichten lassen. Das Café sei geschlossen – wegen Corona, hieß es lapidar.

In seiner Not und Panik habe er sich schließlich an den Rand gestellt – und in die Hose gemacht. „Was sollte ich denn machen“, fragte er mich. Er könne doch nicht jeden Tag, wenn er nach Bergheim müsse, anschließend seine Hose waschen. Er lebe allein und brauche es auch manchmal, unter Leute zu sein.

Für mich war das entwürdigend. Der Mann litt hörbar darunter, was ihm wiederfahren ist. Es hat mich zutiefst beschämt. Er regte eine öffentliche Toilette an. Ich versprach, aktiv zu werden.

Nun setze ich hiermit mein Versprechen um.

Ich erinnere mich an den ersten Ortsvorsteher von Bergheim, Herrn Axel Damerow, der schon 1999 eine öffentliche Toilette in Bergheim anmahnte. Er insistierte jahrelang, verwies auf die älteren Menschen, doch Gehör fand er nicht.

Dass unsere Gesellschaft älter wird, ist eine Binsenweisheit und seit Jahren klar. Dass der Anteil der Älteren deutlich zunehmen wird, dürfte auch klar sein. Dass Menschen in jedem Alter am gesellschaftlichen Leben teilhaben sollten, müsste auch politischer Konsens sein. Das setzt aber voraus, dass man jederzeit seine Notdurft verrichten kann, ohne dafür einen Kaffee trinken zu müssen.

Daher frage ich Sie, Herr Bürgermeister:

  • Wann wird es eine öffentliche Toilette in Bergheim geben, die auch für Rollstuhl fahrende Menschen geeignet ist?
  • Welches alternative Konzept besteht, wenn Sie keine öffentliche Toilette einrichten wollen?
  • Wie kann die Öffentlichkeitsarbeit so verbessert werden, dass zum einen für jeden Bürger und jede Bürgerin klar ist, dass sie problemlos Bergheim aufsuchen können, und dass zum anderen alle Mitarbeitenden in allen Geschäften Klarheit haben, wo es öffentlich zugängliche Toiletten gibt.

Herr Bürgermeister, ich möchte ungern wieder einen solchen beschämenden Anruf erleben müssen. Sollen Menschen, die derartige Probleme haben, künftig nur mit Windeln nach Bergheim fahren dürfen?

Vor einiger Zeit lernte ich eine Dame aus Rheinland-Pfalz kennen, die in ihrem kleinen Dorf Ortsvorsteherin ist und über eine öffentliche Toilette verfügt. Auf meine Frage, wie sie das geschafft habe, antwortete sie, dass sie den Gemeinderat so lange genervt habe, bis er endlich nachgegeben habe. Ich bitte inständig darum, dass ich Sie nun nicht fünf Jahre nerven muss. Aber ich würde es tun.

Mit frohen Grüßen

Dr. Winfried Kösters“

In der Ratssitzung am 14. Dezember 2020 habe ich noch einmal angefragt, ob ein Aufkleber entwickelt werden könnte, der in jedem Bergheimer Geschäft angebracht wird, um auf die in der Innenstadt möglichen öffentlichen Toiletten hinzuweisen. Eine Antwort steht noch aus.

 

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