Gedenken der gefallenen Soldaten: Verstaubtes Ritual oder brandaktuelle Mahnung?
Jedes Jahr feiert die Aher Schützenbruderschaft ihr traditionelles Schützenfest. In diesem Jahr jährte es sich zum 175. Mal. Seit 1850 gestalten Menschen in Ahe mit viel Herzblut und Brauchtumsbewusstsein ihr Fest. Dazu gehören zum Beispiel Umzüge durch den Ort, Krönungsfeierlichkeiten der jeweiligen Majestäten (Demokratie auch in Zeiten des Kaiserreiches), Tanzbälle als soziale Gemeinschaftspflege, Einladungen der umliegenden Schützenbruderschaften (das waren in früheren Zeiten wirkliche Grenzen und interkommunale Kooperationen) sowie das Neuausschießen der Majestäten für das kommende Jahr.
Mittendrin in diesen Feierlichkeiten ist der Gang zum Friedhof, um am Grab der während der beiden Weltkriege gefallenen Menschen aus Ahe zu gedenken. Auch in Ahe haben viele Mütter und Väter ihre Söhne auf den Schlachtfeldern gelassen, die einige Wenige nicht selten aus Großmannssucht und gekränkter Eitelkeit vom Zaun gebrochen haben. So wurde auch dieses Jahr dort eine Blumenschale hingestellt.
In meiner Ansprache auf dem Friedhof habe ich daran erinnert, dass wir uns weltweit gerade anschicken, nichts aus den Erfahrungen der Weltkriege gelernt zu haben. 80 Jahre sind seit dem Ende des zweiten Weltkrieges vergangen. Mehrere Generationen sind in Frieden, Freiheit und Wohlstand wie selbstverständlich aufgewachsen. Zeitzeugen der grausamen kriegerischen Auseinandersetzungen versterben und somit verlieren die Folgen von brutaler Gewalt und blinder Zerstörung an authentischer Erlebniskraft. Gerade jetzt, in diesen Zeiten, wo mehrere Länder wieder die militärische Auseinandersetzung als Instrument zur Durchsetzung ihrer Interessen wählen, ist es umso wichtiger denen zu gedenken, die deshalb in jungen Jahren ihr Leben ließen. Ihr Opfer darf nicht umsonst gewesen sein. Das – so meine ich – ist und muss unser aller Auftrag sein.
So danke ich den Aher Schützen, dass Sie diese Tradition aufrechterhalten. Denn sie hat wieder eine brandaktuelle mahnende Bedeutung, mag sie auch noch so verstaubt klingen. (Dieser Text war bereits geschrieben, bevor unser Bundeskanzler den israelischen Angriff auf den Iran als „mutig“ und „gut“ bezeichnet hat. Das hat mich zutiefst erschüttert.)